Abgrundtief: Odd Thomas 6 - Roman (German Edition) by Dean Koontz

Autor:Dean Koontz
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Herausgeber: E-Books der Verlagsgruppe Random House GmbH
veröffentlicht: 2014-06-08T22:00:00+00:00

20

Nicht in allen Wüsten ist es permanent heiß. Die hochgelegenen können im Winter so kalt sein wie eine kanadische Tiefebene. Der Winter nahte seinem Ende, aber mit Anbruch der Nacht hatte Kälte eingesetzt. Die Brise roch schwach nach dem Regen, dem wir davongefahren waren, der uns jedoch bald wieder einholen würde.

Eine riesige aufgemotzte Harley-Davidson stand neben der Limousine, weitgehend schwarz, doch in dem Licht, das aus dem Diner fiel, funkelten Feinheiten aus Chrom.

Das Paar, das neben dem Motorrad stand und gerade seine Helme absetzte, hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit Hell’s Angels. Der Mann war vielleicht fünfzig, groß und muskulös, aber schlank und frisch rasiert, und er hatte eine grau melierte Löwenmähne. Er war attraktiv, aber eher im Sinne eines Charakterdarstellers als eines Hauptdarstellers, sein Gesicht weniger Pflegelotionen und straffenden Gels als Wind und Sonne ausgesetzt und niemals mit Botox behandelt. Die Frau mochte etwa vierzig sein. Sie hatte hohe Wangenknochen und stolze, aber scharf geschnittene Gesichtszüge und einen Teint wie polierte Bronze, der darauf hinwies, dass sie aus dem Quellgebiet des Cherokee-Genpools in diese Welt getrieben war. Hätte sich Soldier of Fortune mit Vogue zusammengeschlossen, dann wäre eine Zeitschrift dabei herausgekommen, auf deren Seiten diese beiden ideale Models abgegeben hätten. Ich hätte meine Leber darauf gewettet, dass keiner von beiden auch nur das kleinste Tattoo oder Speckröllchen hatte, dass sie nicht das Geringste darauf gaben, was andere von ihnen hielten, dass sie keinen Gedanken an irgendwelchen Modeschnickschnack verschwendeten und trotzdem kein einziges beklagenswertes Kleidungsstück besaßen, das Anlass zu geringschätziger Kritik gegeben hätte. Und sie dachten auch im Traum nicht daran, zu facebooken oder zu twittern.

Mit einer Baritonstimme, die so samtig war wie fünfzig Jahre alter Portwein, sagte der Mann zu Mrs. Fischer: »Uns ist zu Ohren gekommen, dass Oscar seinen Dienst beendet hat und nach Hause gegangen ist.«

Mrs. Fischer umarmte die Frau und sagte: »Er hat seinen letzten Löffel von der besten Crème brulée gegessen, die uns jemals vorgesetzt wurde, und der Oberkellner hat gesagt, niemand, der je zuvor in diesem Restaurant gestorben sei, sei diskreter dahingeschieden.

Während der Mann Mrs. Fischer umarmte, sagte er: »Oscar war schon immer Spitzenklasse.«

»Wie hat es seine Mom verkraftet?«, fragte die Frau.

»Nun ja, meine Liebe, man wird nicht hundertneun, ohne das eine oder andere Mal die Last der Welt auf seinen Schultern getragen zu haben.«

Der Mann hielt mir seine rechte Hand hin und sagte: »Ich heiße Gideon. Das ist Chandelle, meine Frau. Du musst Edies neuer Chauffeur sein. Du heißt Thomas, nicht wahr? Darf ich dich Tom nennen?«

»Ja, Sir.« Ich drückte ihm die Hand. »Aber ich habe den Job noch nicht angenommen.«

Mrs. Fischer sagte: »Er ist sehr unabhängig und selbstständig.«

»So ist das nun mal, nicht wahr?«, sagte Gideon.

»So ist das nun mal«, bestätigte Mrs. Fischer.

Als der Motorradfahrer lächelte, zerknitterte sich seine Miene auf äußerst ansprechende Art, als sei in seinem Gesicht all das gute Wetter, das er jemals erlebt hatte, eingelagert, aber nichts von dem schlechten.

Irgendwoher kam eine Erinnerung, die ich augenblicklich in Worte fasste: »Chandelle ist das französische Wort für Kerze.«

Ihr Lächeln war

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